|
|
||||
| ||||
| ||||
![]() |
von Ing. Hans F. Popp
"1000 Skifahrer im Föhnsturm gefangen - Seilbahn automatisch abgeschaltet", "Lift strangulierte Urlauberkind", "Lawinenabgang bei der Steffisalp-Sesselbahn". Medienschlagzeilen wie diese treffen regelmäßig den vitalen Nerv vieler Unternehmen der Seilbahn- und Tourismusbranche. Durch die dahinter stehenden Katastrophenfälle kann die Glaubwürdigkeit der betroffenen Unternehmen und das Vertrauen der Kunden, Behörden, Medien und Mitarbeiter in die Kompetenz der Unternehmen rasch verloren gehen.
Zu einer existenzbedrohenden Unternehmenskrise werden solche Ereignisse im allgemeinen dann, wenn sie außer Kontrolle geraten. Ziel von Unternehmen der Seilbahnwirtschaft sollte es daher sein, durch rasches und professionelles Handeln den wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen möglichst gering zu halten. Außerdem müssen die relevanten Bezugsgruppen - wie Kunden, Medien, Behörden, Mitarbeiter, Angehörige, Hersteller und Aktionäre - rasch, umfassend und wahrheitsgetreu über die Ereignisse informiert werden.
Sicherlich gibt es keinen Generalfahrplan für die Bewältigung von Katastrophenfällen. Dennoch existieren zahlreiche Regeln und Erkenntnisse, die im Katastrophenfall beachtet werden sollten. Hierzu zählen die organisatorische und logistische Vorbereitung auf Unglücksfälle mit und ohne Personenschaden genauso wie die Etablierung eines Krisenstabs.
Bedingt durch den hohen Konkurrenzdruck der Medien wird nicht nur über das Unglück selbst berichtet. Vielmehr thematisieren Journalisten zumeist auch sämtliche in den Vorfall involvierten Bezugsgruppen. Spekulationen über Produktfehler der Erzeugerfirma, mangelnde Sicherheitsüberprüfungen staatlicher Aufsichtsbehörden oder Bedienungsfehler des Personals der Betreibergesellschaft machen schnell die Runde.
Die betroffenen Unternehmen stehen somit im Katastrophenfall einer enormen Informationsnachfrage der Medien gegenüber. Ad-hoc-Lösungen sind in dieser Situation nur selten zielführend. Betriebe der Seilbahn- und Tourismuswirtschaft sollten sich daher präventiv - also schon vor einem möglichen Unglücksfall - mit dem Thema kritisch auseinandersetzen und ein dem Unternehmen angepasstes Katastrophenmanagement einrichten.
Zwei Bereiche des betrieblichen Katastrophenmanagements werden unterschieden:
Die organisatorische Struktur des betrieblichen Katastrophenmanagements orientiert sich im Regelfall an den klassischen Organisationsformen der Betriebswirtschaftslehre. Unterschieden werden Aspekte der Aufbau- und Ablauforganisation. Während die Aufbauorganisation die Zuständigkeiten und Weisungsbefugnisse regelt (Wer ist wofür zuständig? Wer darf wem Anordnungen erteilen?), widmet sich die Ablauforganisation dem Prozess des Katastrophenmanagements (Was muss in welcher Reihenfolge, wie und wo erfolgen?).
Aufbau- und Ablauforganisation sind in der betrieblichen Praxis so eng miteinander verzahnt, dass diese Trennung rein gedanklicher Natur ist. Es erscheint daher sinnvoller, ein Drei-Säulen-Modell des Katastrophenmanagements im Unternehmen zu implementieren. Basis dafür sind stets die im Unternehmen vorhandenen Ressourcen - wie Personal, technische und physische Infrastruktur. Hierauf aufbauend werden drei Kernbereiche geschaffen, die möglichst alle katastrophenrelevanten Bereiche des Unternehmens zusammenfassen:
Die Effizenz der Einsatzstruktur und die Effektivität der Zusammenarbeit kann in Notfallübungen überprüft werden. Diese sollten möglichst im Verbund mit alle betroffenen Bezugsgruppen (Seilbahnbetreiber, Tourismusverband, Gemeindeamt, Rettungsdienste etc.) erfolgen.
Das hier dargestellte Drei-Säulen-Modell des Katastrophenmanagements vereint drei Vorteile miteinander:
Am 17. März 2003 blieb der Dreier-Sessellift am Planai in der Steiermark (Österreich) durch einen Schaden am Lager der Antriebsscheibe abrupt stehen. Zum Zeitpunkt der Störung befanden sich rund 150 Gäste in der Seilbahn. Einerseits ist ein solcher Schaden extrem selten - zumal Lager und Getriebe des Sessellifts erst kurze Zeit zuvor von Experten untersucht wurden. Andererseits kann der Notantrieb, der die Anlage autonom mit Strom- und Zugleistung versorgt, in diesem Fall nicht eingesetzt werden.
Die Liftbetreibergesellschaft hat dieses Szenario während diverser Notfallübungen trainiert, so dass die gesamte Bergung nach Plan verlief. In Anlehnung an das Drei-Säulen-Modell ergab sich etwa folgender Ablauf des Katastrophenmanagements:
Die Gäste wurden vom Sessellift mit Hilfe von Hubschraubern und Bergseilen geborgen. Ihre weitere Vorsorgung und - soweit nötig - psychologische Betreuung - erfolgte in den umliegenden Hütten und Talstationen. Zu keinem Zeitpunkt bestand akute Gefahr für Leib und Leben der Touristen. Die Rettungsmannschaften haben routiniert und besonnen zusammengearbeitet.
Hans F. Popp |
|
Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
6. Jahrgang (2003), Ausgabe 10 (Oktober)
Deutsch
/ English
Letzte Aktualisierung: Samstag, 15. Februar 2025 © Krisennavigator, Kiel / Hamburg. Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher
schriftlicher Genehmigung des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, Kiel.
Internet: www.krisennavigator.de
|